Pan Kowalski: „Keiner will Piroggen selber machen“
Pan Kowalski heißt übersetzt Herr Schmidt und steht in Polen symbolisch für den Klischee-Polen mit Oberlippenbart und Plastiktüte. Mit dem Klischee haben die beiden Inhaber Michał (26, rechts) und Rafał (26, links) aber nichts zu tun. Und auch ihre Piroggen entsprechen ganz und gar nicht dem Klischee.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Piroggen in Berlin zu verkaufen?
Rafał: Piroggen haben in unseren Leben immer schon eine große Rolle gespielt. Schon als kleines Kind erinnere ich mich, dass es zu Hause immer Piroggen gab. Und die Idee, sie in Berlin zu verkaufen, war ganz einfach eine Antwort auf die gastronomische Lücke, die es hier gab. Es gab einfach keinen Ort, an dem man gute Piroggen essen konnte.
Aber warum ausgerechnet Piroggen und nicht Bigos oder ein anderes typisch polnisches Gericht?
Michał: Wir wollten ein ausgefallenes polnisches Essen machen und mit Piroggen geht das sehr gut, weil sie so ein kreatives Gericht sind. Man kann so viele verschiedene Sorten machen, sie füllen, mit was auch immer man will, Saucen dazu servieren oder Beilagensalat.
Eure Piroggen sind keine traditionellen Piroggen. Was macht ihr anders?
Rafał: Normalerweise kocht man Piroggen und brät sie dann in der Pfanne an. Aber wir frittieren sie, das ist anders. Außerdem servieren wir gebratenes Gemüse dazu und unsere Füllungen sind auch nicht traditionell. All das zusammen ergibt dann den so genannten Berlinski Twist.
Dann gibt es bei euch keine klassischen pierogi ruskie?
Rafał: Wir haben eine Sorte, die so ähnlich ist, aber wir machen in die Füllung noch Schnittlauch rein und der deutsche Käse, den wir benutzen, ist ein bisschen anders als in Polen. Durch ihn wird die Füllung aber cremiger und das ist die Hauptsache: dass Piroggen cremig sind und dass man den frisch gemahlenen Pfeffer schmeckt.
Welche ungewöhnlichen Füllungen bietet ihr denn gerade an?
Rafał: Wir haben „Beef and Cheese“, die sind mit Rindfleisch, Cheddar Käse und Koriander gefüllt und dann gibt es ganz neu auf der Karte noch die Sorte „Piggy Piccante“, die sind mit Schweinebauch, Mozzarella, Pilzen, Pistazien und Meersalz gemacht.
Wie erklärt ihr jemanden, der Piroggen nicht kennt, was das ist?
Michał: Das kommt drauf an, wo wir sind. In Deutschland sagen wir, es ist so etwas ähnliches wie Maultaschen, in Italien vergleichen wir es mit Ravioli. Es ist immer gut, es mit etwas Regionalem zu vergleichen, weil jedes Land irgendeine Art von Teigtasche hat und das haben die Leute im Kopf.
Unterscheiden sich Piroggen von Maultaschen oder Ravioli vor allem in der Füllung?
Michał: Nein, nicht nur. Die Zubereitung ist anders und der Teig ist anders. Aber die Tatsache, dass man etwas in einen Teig wickelt, ist die gleiche.
Wie reagieren die Leute auf eure Piroggen?
Rafał: Manche kennen das Gericht und deren Reaktion ist eigentlich immer positiv. Sie freuen sich, dass es bei uns Piroggen gibt und weil das nicht so häufig ist, kaufen sie sie dann gerne. Manche sagen aber auch: „Hey, das sind gar keine traditionellen Pierogi, die sind anders!“ Deswegen erwähnen wir das mit dem Berlinksi Twist auch immer dazu. Und dann gibt es noch diejenigen, die das Gericht gar nicht kennen und denen man dann erklärt, was Piroggen sind. Aber am liebsten mag ich die Reaktion, wenn die Leute unsere Piroggen probiert haben. Die sind immer total begeistert.
Michał: Man muss Pierogi einfach probieren, weil das beste an ihnen innen drin steckt. Wir haben eine große Konkurrenz mit den ganzen Burgern und all den toll aussehenden Gerichten, deswegen ist es für uns wichtig, dass die Leute Pierogi probieren. Und wenn sie dann sagen „Wow“ – das ist dann wirklich cool.
Welche Sorte mögt ihr am Liebsten?
Michał: Ich mag die Klassischen am Liebsten, weil sie so schön cremig sind, das mag ich.
Rafał: Meine Lieblingspierogi sind die, die man mit Wodka trinkt. Aber Spaß beiseite, ich mag sie eigentlich alle. Momentan sind „Piggy Piccante“ meine Favoriten, weil sie scharf sind und vielleicht auch, weil sie unsere neueste Kreation sind.
Dann habt ihr Piroggen also noch nicht satt?
Rafał: Nein, ich kann sie immer noch essen und ich mag sie auch immer noch. Klar, manchmal brauche ich eine kleine Pause davon.
Michał: Das ist wie in einer guten Beziehung.
Rafał: Genau. Aber da wir die Füllungen immer wieder ändern, wird es nicht langweilig.
Wann isst man denn in Polen überlicherweise Piroggen?
Michał: Es ist ein alltägliches Gericht, das man nicht an einem traditionellen oder besonderen Tag isst. Aber normalerweise macht man es nicht Zuhause, weil die Zubereitung so aufwändig ist. Man geht in ein Restaurant und isst sie dort.
Rafał: Das stimmt, für mich war es immer etwas besonderes Piroggen zu essen, weil meine Mutter sie nicht kochen wollte.
Michał: Keiner will sie selbst machen, es ist zu viel Arbeit.
Rafał: Außer meine Oma. Sie brauchte nur 20 Minuten und die Piroggen waren fertig. Und immer wenn ich zu ihr ging, hat sie mich gefragt, welche ich gerne hätte und dann hat sie sie gemacht. Sonst gab es das nur an Feiertagen.
Michał: Oder nach einer durchzechten Nacht. Piroggen sind nämlich ein hervorragendes Kater-Essen.
Rafał und Michał haben sich in einem Restaurant in Breslau kennengelernt. Michal war Koch und Rafal Barkeeper. Inzwischen wohnen sie in Berlin und verkaufen Piroggen beim Bite Club und auf den Streetfood Märkten von Neue Heimat. Wo man ihre Piroggen sonst kaufen kann, kündigen sie immer auf Facebook an. Bald werden sie in einem eigenen Foodtruck durch Europa fahren.