Das ukrainische Nationalgericht Borschtsch
Rote-Beete-Suppe steht mittlerweile bei jedem veganen Deli auf der Karte und wahlweise mit Kokos, Sesam oder Wasabi in jedem Instagram-Feed. Im ukrainischen Original schmeckt sie aber ganz anders.
Kiew ist Münchens Partnerstadt. Und das schon seit über 25 Jahren. Anlässlich dieses Jubiläums war auf dem Viktualienmarkt ein ukrainischer Stand zu Gast, bei dem man alle Spezialitäten des Landes essen konnte. Perfekt für meine Weltreise, direkt vor der Haustür. Als ich den Kellner Alex aus Kiew frage, welches Gericht denn nun das typischste für die Ukraine ist, zeigt er als erstes auf den Borschtsch (ja, es heißt wohl der Borschtsch).
Borschtsch ist das wichtigste Gericht der ukrainischen Küche
Der Autor Viktor Timtschenko schreibt in seinem Buch „Ukraine: Einblicke in den neuen Osten Europas“ über die Rote-Beete-Suppe:
Borschtsch gilt in Deutschland als „russisches“ Gericht, ist aber durch und durch ukrainisch. Jeder Russe wird Ihnen das bestätigen. Man kann über alles streiten: Wem die Krim gehört, was zuerst da war, Henne oder Ei, aber Borschtsch ist kein Streitobjekt.“ (S.202)
Seiner Meinung nach ist Borschtsch das wichtigste Gericht in der ukrainischen Küche. Zur Suppe bestellte ich übrigens keine Cola, sondern Kwas, laut Karte ein „stark kohlensäurehaltiges, filtriertes, pasteurisiertes Gärgetränk“. Typisch ukrainisch, wie mir Alex versichert. Es schmeckt ein bisschen wie eine Mischung aus Old-School-Karamalz und Fancy-Loha-Kombucha. Das liegt bestimmt an den Inhaltsstoffen Reinhefe und Milchsäurepilzkultur. Aber zurück zur Suppe. Als ich den Plastikteller entgegen nehme, bin ich überrascht. Ich kenne Rote-Beete-Suppe in der polnischen Variante. Da ist sie eine klare, dunkelrote bis lila Brühe. Der Borschtsch vor mir ist eher rot-orange und sieht gar nicht so aus, als sei da überhaupt rote Beete drin. Und mit meiner Überraschung bin ich laut Viktor Timtschenko nicht alleine:
In Deutschland ist Borschtsch als Rote-Rüben-Suppe verschrien. (…) Die rote Rübe ist zwar drin, macht jedoch nicht das Wesen des Borschtsch aus.“
Die Ukraine schmeckt nach Knoblauch und Tomate
Viel intensiver als die rote Beete ist das Knoblauch Aroma in der Suppe. Ansonsten ist der geschmackliche Grundton sehr tomatenlastig, der Klecks Schmand oben drauf nimmt der Suppe aber die Säure. In der Suppe selbst sind große Zwiebelstreifen und Kohlstreifen drin und hin und wieder beisse ich auf ein kleines Kartoffelstück. Das hört sich alles unspektakulär an, ist aber echt gut und gar nicht so langweilig wie es klingt. Timtschenko schreibt, dass es sich nicht lohnt, Borschtsch nur für drei Personen zu kochen.
Früher war Borschtsch in der Ukraine Alltagsessen, man kochte ihn für viele Personen und mehrere Tage. Manche Ukrainer vertreten sogar die Meinung, abgestandener Borschtsch schmecke besser als frisch gekochter.
Dass der Borschtsch am Viktualienmarkt abgestanden war, glaube ich nicht. Geschmeckt hat er auf jeden Fall sehr lecker. Sogar Alex sagt, dass er den Borschtsch von den Köchen hier am Stand lieber mag, als den seiner Mutter. Außerdem verspricht er mir, dass er dem Koch, der englisch kann, sagen wird, dass er mir das Rezept schickt. Sobald ich es habe, werde ich es natürlich mit euch teilen. Vielleicht hat ja auch von euch jemand ein gutes Rezept?