5 Dinge, die ich in Japan über Sushi gelernt habe

Sushi

Sushi ist nur Reis und Fisch. Langweilig, dachte ich. Aber dann war ich auf dem Tsukiji Fischmarkt in Tokyo und das Nationalgericht aus Japan hat mich überrascht. Sushi in Japan ist nämlich anders als Sushi in Deutschland.

Eigentlich wollte ich hier nicht über Sushi schreiben, sondern über Kaiseki – ein mehrgängiges japanisches Menü, das eine lange Tradition hat und ziemlich luxuriös daher kommt. Aber wenn ich ehrlich bin, dann gibt es nur ein einziges Gericht in Japan, das wirklich den Titel Nationalgericht verdient hat und deswegen zu Fernweh geht durch den Magen gehört. Und das ist Sushi. Aber was soll ich denn über ein Gericht schreiben, das nur aus zwei Zutaten besteht: roher Fisch und Reis?

Das dachte ich bis ich in Japan war. Ich habe dort den Tsukiji Fischmarkt in Tokyo besucht und einen Sushi Workshop gemacht, um zu sehen, wie der Fisch vom Handel in den Mund kommt. Ein ziemlich surrealer Tag, weil ich noch so unter dem Jetlag litt, dass mir alles eher wie ein Traum vorkam. Oder als hätte ich es bei Galileo gesehen. Ich musste um zwei Uhr in der Nacht aufstehen, damit ich um drei am Tsukiji Markt sein konnte, um mich für die Tunfisch-Auktion anzustellen. Täglich dürfen dort nämlich nur 120 Besucher rein, in zwei Gruppen à 60 Leuten.

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Den ganzen Tag hatte ich einen Profi an meiner Seite: Morita Hirobumi. Er stammt aus Osaka und weiß alles über Fisch. Jahrelang hat er erst als Fischer und dann auf dem Fischmarkt gearbeitet. Heute managt er ein Sushi-Restaurant in der Nähe des Marktes. Und zeigt Besuchern wie man Sushi macht. Mit Morita war ich erst auf der Tunfisch-Auktion, dann haben wir auf dem Markt Fisch und Meeresfrüchte eingekauft und daraus dann echtes japanisches Sushi gemacht. Und natürlich gegessen. Am Ende dieses Tages habe ich gemerkt, dass Sushi in Japan nichts mit dem Sushi zu tun hat, das ich aus Deutschland kenne. Die fünf Dinge, die mich am meisten überrascht haben, habe ich für euch aufgeschrieben.

 

1. Sushi besteht aus Fisch und Reis. Sonst nichts.

Hier in Deutschland esse ich Sushi eigentlich ganz gerne. Am liebsten mag ich California Rolls mit Frischkäse, Sesam und Avocado. Meistens bestelle ich vegetarisches Sushi und wenn ich Lust auf Fisch habe, dann Sushi mit Lachs oder Tunfisch. Ich habe mich also echt auf den Sushi-Workshop am Tsukiji Markt gefreut. Aber schon beim Einkaufen auf dem Markt habe ich mich gefragt, wie viel Fisch wir eigentlich noch kaufen und wann wir mal die anderen Zutaten besorgen. Es gab aber keine anderen Zutaten. Wir kauften nur Fisch und fertigen Sushi-Reis. Wobei Morita natürlich nicht sagen würde, dass es „nur“ Fisch war. Es waren nämlich viele verschiedene Fisch- und Meeresfrüchte-Sorten:

Wir hatten Tunfisch…

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Scholle…

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Tintenfisch…

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Blutmuscheln… (ja, die heißen so, weil sie bluten, wenn man sie öffnet)

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Jakobsmuscheln…

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Und noch zwei, drei weiße Fische, deren Namen ich nicht kannte…

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Netterweise hat Morita mir außerdem noch eine Avocado gekauft, weil ich die so gerne zum Sushi esse. Hier links im Bild.

2. In Japan gibt es kein Sushi mit Lachs.

Dass ich Lachs auf Sushi sehr lecker finde, habe ich euch schon verraten. Aber Lachs spielt in Japan so gut wie keine Rolle. Warum konnte mir Morita nicht erklären, er sagte nur, dass sie das eben nicht essen. Tunfisch ist dagegen das große Ding. Auf der Auktion, die ich besucht habe, wurden diese großen gefrorenen Fische verkauft.

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3. Frisch geriebener Wasabi ist nicht scharf.

Normalerweise bin ich sparsam bei der Wasabipaste, weil sie so scharf ist. Und deswegen war ich auch vorsichtig, als ich das erste Mal den echten und frischen Wasabi in Japan probiert habe. Aber ich war überrascht. Frischer Wasabi ist gar nicht so scharf wie die Paste, die es bei uns zu kaufen gibt. Und er ist auch viel aromatischer. Die deutsche Paste schmeckt, als hätte man nur eine einzige Aromakomponente aus der Knolle extrahiert und diese dann mit billigem Meerrettich vermanscht, der so scharf ist, dass man am Ende kaum mehr was schmeckt, weil die Nase brennt. Die Schärfe der Knolle ist aber viel feiner und sticht nicht so extrem in die Nase.

Sushi - frischer Wasabi auf dem Fischmarkt

Die Paste aus frischem Wasabi habe ich im Sushi-Workshop selbst gemacht: Die Knolle schneidet man auf und reibt sie dann auf einem kleinen Holzblock, der mit Haifischhaut bezogen ist. Die Struktur der Haut ist wie Schleifpapier, aber viel gröber. So wird aus der Knolle eine sehr feine Paste.

Wasabi reiben

4. Sushi machen ist nicht einfach.

Klar, eigentlich muss man nur etwas Reis zu einem Klotz formen und dann eine Scheibe rohen Fisch drauf setzen. Sieht bei den Profis ganz einfach aus. Wenn man das aber noch nie gemacht hat, kommen am Ende ziemlich unförmige Stücke raus, die auseinanderfallen, bevor sie im Mund sind. Und überall sind einzelne Reiskörner. Deswegen war ich am Ende ganz schön stolz auf meine ersten krummen Versuche.

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Die Tüte aus dem Algenblatt habe ich übrigens nicht selbst gemacht, sondern von Morita geschenkt bekommen. Dazu braucht man schon Profi-Skills. In der Tüte ist übrigens ein Stück von meiner Avocado.

5. Das Geheimnis ist der Reis.

Diese Erkenntnis hat mich am meisten schockiert. Und ich muss noch mal etwas ausholen, damit ihr versteht, warum. Der Tag am Fischmarkt war wirklich lang. Wir sind wie gesagt extra um zwei Uhr in der Nacht aufgestanden. Wir haben ewig in einem kleinen Raum auf dem Boden sitzend gewartet, damit wir sehen können, wie die Tunfische versteigert werden. Wir sind bestimmt hundert Mal durch die engen Gassen des Marktes gelaufen, um den besten Fisch für den Sushi-Workshop zu finden. Wir haben so viel über Fisch gehört. Wir haben die Fische ausgenommen, gesäubert und sorgfältig geschnitten. Erst gegen 14 Uhr haben wir den Fisch fertig gegessen und räumten auf. Meine Gedanken drehten sich bis dahin also schon 12 Stunden nur um Fisch. Im Interview stellte ich Morita dann am Ende des Tages die Frage, die mir für den Blog schon die ganze Zeit unter den Nägeln brannte: „Was ist das Geheimnis von gutem Sushi?“ Es war eine von diesen Fragen, die Journalisten manchmal stellen, weil sie einen bestimmten O-Ton brauchen, den sie später zitieren können. Und nach 12 Stunden Fisch, Fisch, Fisch wollte ich natürlich auf das Zitat hinaus: „Das Geheimnis von gutem Sushi ist Fisch“. Morita antwortete lange auf Japanisch und der Übersetzer sagte dann plötzlich: „Es ist der Reis.“ Ich wusste in dem Moment echt nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. „Bei Sushi kommt es zu 90 Prozent auf den Reis an und zu 10 Prozent auf den Fisch“, sagt Morita. Na gut. Er muss es ja wissen. Blöd nur, dass wir den Reis im Workshop gar nicht selbst gemacht haben, sondern fertig auf dem Markt gekauft haben.